Wenn ich umziehen und mich stark reduzieren müsste, was würde ich auf jeden Fall mitnehmen? Diese Frage kam mir in den Sinn, als ich das Thema der Blogparade von Irina Angenendt las: „Wohnschätze gesucht – Was macht dein Lieblingsstück so besonders?“ Wenn ich an Wohnschätze denke, die ja ganz verschieden und vielfältig sein können, denke ich zunächst an Möbel. In zweiter Linie denke ich an Wohntextilien, wie schöne Teppiche oder die Vorhänge, selbst genähte Überwürfe oder Kissenbezüge. Dann kommen mir die Accessoires, wie Setzkästen, Steinkrüge oder Gebrauchskeramik in den Sinn, die Dekoarbeiten aus Naturmaterialien, die Fundstücke vom Reisen, die vielen selbstgezogenen und über Jahre gewachsenen Pflanzen usw. – Also, was müsste unbedingt mit! Das wäre eindeutig MEIN TISCH!
Auf diesem Blog geht es vorrangig um Möbel, um die Aufarbeitung und Gestaltung von Möbeln. Das bereitet mir große Freude. Entsprechend habe ich zu den Möbeln, die ich im Laufe der Jahre bearbeitet habe, eine intensive Verbindung. Ich habe verschiedentlich schon erwähnt, dass ich während meines Studium bei einem Trödelhändler alte Weichholzmöbel kaufte. Er lebte in Magdeburg und hatte all sein Zeug auf mehrere Garagen verteilt. Und es war wirklich viel Zeug!
Auf nach Magdeburg!
Immer wenn mich die Lust auf ein neues Stück packte – und als Studentin beginnt man ja erst, den eigenen Hausstand aufzubauen und sich nach und nach einzurichten – fuhren meine Freund und ich nach Magdeburg. Wir verabredeten uns telefonisch, trafen uns meist in seiner Wohnung und fuhren zusammen die Garagen ab. Die Tore wurden geöffnet und man stand vor einer Wand aus Trödel, die erstmal Stück für Stück auseinandergenommen und auf dem Vorplatz verteilt werden musste: Möbel in Einzelteilen, Fahrräder, Kisten, Gläser, alte schmutzige Puppen, Bücher und Zeitschriften, Haushaltsgegenstände, Spielzeug – kurz, Dinge, die eine Haushaltsauflösung so mit sich bringt. Und dazwischen befanden sich die eigentlichen Objekte: Schränke, Stühle, Sessel, kleine Kommoden oder Tischchen.
In Ruhe schaute ich danach, was mir ins Auge fallen und woran ich Gefallen finden würde. Alle Gegenstände, die ich haben wollte, stellte ich zusammen und dann verhandelten wir über den Preis, bis wir uns einig wurden.
Ich brauche einen großen Tisch!
Mit diesem Ziel fuhren wir eines Tages nach Magdeburg, wir wussten vorher meistens nicht, was er gerade im Bestand hatte. Und da stand tatsächlich ein Ausziehtisch! Er war aus Weichholz, hatte eine rechteckige Tischplatte und wunderschöne dicke gedrechselte Beine. Irgendwie war er dunkel und ziemlich verranzt und die Tischplatte war völlig verwurmt. Damals habe ich noch keine Fotos gemacht. Aber ich fand ihn richtig toll, denn ich hatte ein inneres Bild, wie er fertig, hell und schön in meinem Zimmer stehen würde.
Dann habe ich ihn bearbeitet, abgebeizt und geschliffen. Dabei wurden sofort die Wurmgänge in der Tischplatte freigesetzt in einem Ausmaß, das ich nicht mehr schön fand. Die beiden Seitenteile zum Vergrößern der Tischfläche waren bis auf wenige Wurmlöcher in Ordnung. Und so baute mein Vater mir die Tischplatte original nach. Ich werde das Gefühl, diesen Tisch in meinem Zimmer zu sehen und ihn zu benutzen, nie vergessen. Und seitdem begleitet er mich.
Mein Wohnschatz – ein Allrounder!
Die helle neue Tischplatte dunkelte über die Jahre nach. Wenn der Tisch zu derbe Gebrauchsspuren oder mal einen hässlichen Fleck bekam, dann schliff ich ihn ein wenig über. Schon weil die Arbeit meines Vaters darin steckt, hüte und pflege ich ihn. Er steht in unserem Wohnzimmer. Mit den Kindern haben wir alle besonderen Anlässe an diesem Tisch gefeiert: Geburtstage und Jahresfeste, Besuche von Freunden, Sonntagsfrühstücke oder andere besondere Mahlzeiten, wie ein herbstliches Waffelbacken oder Schokoladenfondue.

Darüber hinaus ist er mein Arbeitstisch: Hier habe ich während meiner Waldorflehrerzeit die Unterrichte vorbereitet, gelesen, geschrieben und sinniert. Hier sitze ich und nähe, werkle, bastle, breite meine Stoffe oder Papierbahnen aus, topfe meine Pflanzen um, ziehe Kerzen, male, leime, hämmere…

Außerdem arbeitete ich einen nach dem anderen vier Stühle auf, die – vorher braun gebeizt – abgeschliffen wurden. Sie sind unterschiedlich und passen dennoch dazu, weil sie helles Holz haben und einen einheitlichen Bezug bekamen. Inzwischen habe ich einen davon verschenkt, weil er mir nicht mehr gefiel. Und die verbleibenden drei warten nach 20 Jahren auf einen neuen schönen Bezugsstoff.
Hast du auch einen „Wohnschatz“, ein Möbelstück, das immer mit muss? Schreib mir gern in den Kommentaren!
Liebe Julia,
wie schön, dass du bei meiner Blogparade mitgemacht hast! Eine schöne Geschichte, rund um deinen Tisch, der sicher viele Geschichten erzählen könnte und damit ein echter Wohnschatz ist!
Viele Grüße Irina