10 Jahre lang hatte ich als Waldorfklassenlehrerin an zwei verschiedenen Schulen gearbeitet. Ich war aufgegangen in diesem Beruf, weil die Konzepte Waldorfschule und Anthroposophie auch Bestandteil meines privaten Lebens waren (und noch sind). Zu dieser Zeit war ich auch Mutter von vier Kindern, die konsequenterweise in den Waldorfkindergarten und in die Waldorfschule gingen.

Mein Mann arbeitete in Teilzeit, damit ich diesen Beruf ausüben konnte, während er sich zu einem großen Teil um unsere Kinder kümmerte. Irgendwann funktionierte die Balance für mich nicht mehr: sich in diese Aufgabe hineinzugeben und gleichzeitig Erfüllung darin zu finden. Es begann mehr Kraft zu kosten, als dass ich in der Lage war, meine Quellen wieder aufzufüllen. Ich wurde innerlich taub und dumpf und konnte immer weniger empfinden und mich am Leben freuen.
Dann kam eine Zeit, in der ich mich fragte: Geht es jetzt noch darum, einen weiteren „Griff“ auszuprobieren, mich noch mehr zu verändern oder anzupassen oder zeigt mir die Situation, dass es Zeit ist, aufzuhören? Und ich wartete auf eine Antwort. Doch es kam keine. Es gab niemanden, der mir sagte, weitermachen wäre richtig oder aufhören wäre richtig. Ich konnte nur selbst die Entscheidung treffen und mich einlassen auf das, was folgen würde. Und ich kündigte.
Ich beschreibe es nur kurz: Es folgte eine Zeit, in der ich ganz still wurde. Ich hoffte darauf, dass irgendwann ein Impuls, eine Idee in mir aufsteigen würde. Nach einigen Monaten geschah es auch. Ich wusste plötzlich, dass ich gern reisen wollte und zwar in einem Bus oder Wohnmobil, um immer ein Zuhause dabei zu haben.
Genauer gesagt, elektrisierte mich diese Vorstellung dermaßen, dass mich ein Glücksgefühl wie ein Stromschlag durchfuhr, sobald ich nur daran dachte. Ich bewahrte Schweigen über diese Idee und als sie nach zwei Wochen immer noch da war, erzählte ich sie meinem Mann. Von da an hatte ich einen hundertprozentigen Unterstützer und Förderer meines Planes. Im ersten Schritt versuchten wir, ein Wohnmobil gebraucht zu kaufen. Ich merkte schnell, dass mir die Preise zu hoch waren und ich es mir individueller wünschte. Dann schenkte mein Mann mir unseren Familienbus mit der Option, ihn irgendwie auszubauen, so dass man damit losfahren könnte…
Da ich das Schuljahr noch zu Ende führte, konnten wir erst im August daran gehen, den Bus auszubauen. Dafür durften wir die Werkstatt meines Vaters nutzen. Er ist Orgelbaumeister mit goldenen Händen und kann mit Holz (aber nicht nur) so ziemlich alles machen, was möglich ist.


Als ich mit ihm sprach, um mich zum Bus-Ausbau zu beraten, weil ich so gar keinen Plan hatte, bot er an, uns zu unterstützen. Unterstützen bedeutete konkret: Ich sollte sagen, was ich mir vorstellte und er würde es umsetzen. Wie toll war das denn!! Dafür waren zwei Wochen Zeit. In diesen zwei Wochen überlegten und planten wir und besorgten alles, was wir noch brauchten. Immer dann, wenn mein Vater während dieser Wochen Zeit hatte, arbeitete er einen Tag lang mit uns am Bus; insgesamt waren das sieben.
Im ersten Schritt wurde das Auto leergemacht. Mein Mann baute alles aus, was ich nicht brauchen würde, wie Rückbank, Tisch, Anschnallgurte…


Als das erledigt war, konnte ich endlich richtig messen, Zeichnungen machen und herumprobieren.

Vermutlich kennen es alle, die schon mal so etwas gemacht haben: Man muss eine unglaubliche Gedankenarbeit leisten! Herauszufinden, was man braucht und wie man es platzsparend, aber funktional einbauen kann, kostet richtig viel Zeit. Manchmal ist es wie ein kleines oder großes Rätsel, das man lösen muss. Oder es ist alles so komplex, dass man nicht weiß, wo anzufangen ist: Wenn ich A will, muss ich auch an C denken und berücksichtigen, dass es Auswirkungen auf B hat, beginnen sollte ich aber mit H – und bedenke, wenn es dann noch regnet!

Während wir überlegten und planten, bestellte mein Vater zwei große dreifach geleimte Holzplatten mit den Maßen 2 mal 5 (!) Meter, die sich durch Wind und Wetter eben nicht verziehen würden. Am Ende waren sie bis auf einen Rest verbaut. Mein Vater baute nämlich ALLES aus diesen Platten.


Die Idee war, eine Grundplatte zu verlegen, auf der alles andere befestigt werden würde. Und diese Grundplatte wurde genau angepasst.



Als nächstes wurde eine Rückwand aufgestellt. Ich wollte die Küche nämlich unter der Heckklappe und einen Teil zum Herausziehen haben. Ein T4 ist nämlich innen gar nicht so groß.



Nun wurde hinter dem Fahrersitz eine kleine Wand, das Kopfteil für mein Bett, aufgestellt. Zwischen dieser und der Rückwand montierten wir die Seitenteile des Bettes. An die Seitenteile waren Leisten geschraubt worden, auf denen die Liegefläche ruhen sollte.


Dann wurde eine Platte für die Liegefläche zurechtgesägt. Auf die legten wir ein spezielles Lüftungsgewebe und darauf die Matratze. Und so konnte ich auf einer Fläche von 1,95m x 0,75m schlafen, auf direkter Höhe des Fensters. Alle Fenster im Bus kann ich zuknöpfen mit einem Original-Vorhang von VW.

Jetzt gibt es eine Lücke in meinen Fotos, doch der Werdegang ist trotzdem erkennbar. Die Frage war ja immer wieder: Was brauche ich und wie kann man es bauen. Das Bett war nun fertig. Seine Höhe ergab sich aus dem Stauraum, den ich darunter haben wollte. Geplant waren zwei Ebenen für große Kisten, die nicht herausrutschen durften, wenn es um eine Kurve ging.
Mein nächster Wunsch: Ich wollte den Beifahrersitz nach hinten drehen und an einem Tisch sitzen können. An dieser Stelle beispielsweise war es meiner Schwester extrem wichtig, dass der Tisch beweglich sein sollte. Ich kann nur sagen: ein Glück, dass wir diesen Gedanken in die Tat umsetzten! Wenn man den Tisch so unschuldig und selbstverständlich da hängen sieht, macht man sich keine Vorstellung, wie viele Überlegungen dem vorausgingen.

In den verbleibenden Freiraum baute mir mein Vater nun Schubladen. Währenddessen fing ich an, alle Holzoberflächen zu schleifen und zu lackieren.



Alles, was an „baulichen Maßnahmen“ im Innenraum hatte getan werden müssen, war nun geschafft und ich konnte später an die „Inneneinrichtung“ gehen. Vorher jedoch durfte noch die Küche entstehen.

Es gab da einige Parameter, um die herum alles gebaut wurde: die Höhe der Gasflasche und der Wasserkanister, sowie der Platz für die kleinste Trenntoilette der Welt, die ich mit mir führe (aber tatsächlich nie benutzt habe).



Mein Vater baute einen stabilen Holzrahmen. An diesen wurden Schienen montiert, in denen die Kocheinheit hängen und herausgezogen werden konnte. Dann wurden Borde für Schübe und Kochkisten eingefügt. Und unter der Kochstelle gab es noch ein herausziehbares Brett, um beim Kochen hantieren, schneiden und abstellen zu können.



Um das schöne, helle, duftende Holz zu versiegeln, entschied ich mich, es farbig zu lackieren. Als ich mir im Baumarkt die Farbe aussuchte – ich hatte mich bereits für dieses Grün entschieden – sah ich plötzlich noch ein Weißgrau, das mich richtig anlachte. Ich dachte: Okay, dann nehm´ ich lieber Weißgrau – und kaufte Grün!!
Nachdem ich alles, also wirklich alles in diesem hellen Grünton gestrichen hatte, gefiel es mir im Innenraum überhaupt nicht. Eine Woche später kaufte ich Weißgrau und strich die Holzflächen um. Die Küche allerdings fand ich wunderschön und sie blieb grün. Danach endlich – war ich glücklich!



Ich kann eigentlich gar nicht ausdrücken, wie sehr ich meinen Bus liebe! (Der im Übrigen überhaupt mein erstes eigenes Auto ist, denn ich bin eine Fahrradtante.) Er ist eines der großen Glücksdinge in meinem Leben. Und es steckt ja auch ganz viel Liebe darin!
Der Bus war einmal ein Geschenk von Matzes Eltern für uns, als unser drittes Kind kam! Dann schenkte mein Mann es mir persönlich und zu meiner ganz eigenen Verfügung, nachdem er den Bus jahrelang in Schuss gehalten und vor meinen Reisen nochmal komplett durchrepariert hatte. Schließlich hat mein Vater seine Liebe, seine Zeit und seine Fähigkeiten hineingesteckt und am Ende ich selbst meine Liebe zur Gestaltung! Und dann war mir der Bus auf den Reisen genau das Zuhause, was ich mir vorgestellt hatte!




Hallo Julia, das ist ja ein Super-Bus geworden. So schön! Ich wünsche dir viele tolle Reisen damit!
Vielen Dank, liebe Daniela!