Zwischen Entscheidung und Zufall: ein Wochenende in Portugal

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Das Wochenende liegt hinter mir. Samstag und Sonntag waren zwei typische Reisetage – typisch in dem Sinne, dass ich manchmal zwischen vielen Möglichkeiten schwanke oder gar keine klare Richtung finde. Dann bleibe ich einfach im Moment. Tue nichts, sitze da, beobachte – bis ein Impuls kommt.

Der Samstag

Am Samstag war also so ein Tag. Soll ich bleiben oder besser fahren? Die Sonnenstunden am Strand nutzen, eine Radtour machen, einkaufen gehen oder vielleicht doch lieber wandern? Ins Land rein oder Küste? Alles erschien möglich – und gleichzeitig gab es kein klares „Ja!“

Schließlich packte ich meinen Rucksack und schloss das Auto ab, um zum Strand zu gehen. Doch nach zweihundert Metern wusste ich: Nein, ich will weiterfahren. Also drehte ich um, erledigte meinen Einkauf und fuhr in Richtung Süden. Es war schon Mittag, als ich unterwegs plötzlich einen großen Parkplatz entdeckte. Er lag so hell und einladend in der Sonne, dass ich einfach anhalten musste.

Unter einer kleinen Kiefer parkte ich meinen Bus, machte mir ein ausgiebiges Frühstück und wollte wissen, warum dieser Platz so groß angelegt war. Ich zog los, um zu erkunden und wenige Schritte später fand ich die Antwort: ein breiter, weißer Sandstrand, weitläufig und lebendig. Menschen verteilten sich harmonisch, wunderschöne Wellen rollten gleichmäßig, und draußen im Wasser wippten unzählige junge Surfer wie kleine Bojen.

Ich blieb den ganzen Nachmittag hier am Strand in Santa Rita. Manchmal braucht es keine Entscheidung – nur den Moment oder Ort, der einen findet.

Am Abend radelte ich durch die Gegend, um auf die Klippen zu steigen. Aber, böse Falle: Wann immer ich im Windschatten lief, stürzten sich unzählige winzige Mückchen auf mich und stachen erbarmungslos zu!

Der Sonntag

In der Nacht prasselte Regen unaufhörlich aufs Dach. Morgens musste ich umparken, um trockenen Fußes aussteigen zu können. Ganz in Ruhe machte ich meine Büroarbeiten und Schreibroutinen. Ich fuhr dann ein Stück meines Weges zurück, um an einer Tankstelle etwas zu regeln und machte auf einem kleinen lauschigen Parkplatz Frühstück.

Hier begann das gleiche Spiel wie am Vortag: Recherchieren, Pläne schmieden, Möglichkeiten abwägen – und am Ende keine Entscheidung. Also legte ich mich ins Bett, las ein paar Seiten und schlief ein. Zwei Stunden später wachte ich auf und setzte mich direkt ans Steuer, denn ich wusste jetzt, was ich wollte: eine Wanderung machen am Montejunto.

Die Fahrt führte mich 40 Kilometer ins Landesinnere – durch Weinberge, Obstplantagen und sogar vorbei an einem Palmenhain. Schon von weitem erhebt sich dieses Bergareal, isoliert und markant, aus der Ebene. Als ich einen kleinen Waldplatz erreichte, wusste ich sofort: Hier bleibe ich über Nacht.

Die Wanderung selbst wurde zu einem Highlight – ebenso besonders wie am Tag zuvor der Strand. Zunächst führte der Weg durch feuchten, grünen Mischwald mit dicken, alten Bäumen, grün bemoost und Efeu berankelt: Kiefernsorten, Zedern, Eukalyptus, kleinblättrige Eichen. Dann öffneten sich Pfade zwischen Hecken und Buschwerk. Später folgte Kiefern- und Eukalyptuswald, erfüllt von einem intensiven Duft, der mich an Einreibemittel und Suppenwürze erinnerte. Und dann kam der eigentliche Aufstieg mit Ausblicken weit in die Landschaft hinein, bis zum Ozean!

Unterwegs traf ich eine Familie. Ein älterer Mann aus Peru sprach mich an, voller Freude über das Wetter. Nach dem verregneten und diesigen Morgen lag alles klar und sonnenhell vor uns. Nur vereinzelte Wolken am Himmel.

Bis zur Gipfelebene. Da allerdings schob sich eine dicke Wolke vor die Sonne, ausgerechnet in dem Moment, wo ich den Weg verlor. Mein Weg sollte nach rechts gehen, doch da war keiner und der sichtbare Pfad führte in die entgegengesetzte Richtung. Also vertraute ich der Navigation und begab mich in diese gefühlte Wildnis.

Solche Momente kenne ich von meinen Wanderungen: ein Weg, der da sein sollte, ist es nicht. Dann ändert sich das Gefühl in mir. Plötzlich stehe ich in einer Weite, aus der scheinbar kein Ausweg führt. Stille breitet sich aus. Kein Laut, manchmal nur das Pfeifen des Windes. Kein Mensch ist da oben. Die Sonne zieht sich zu. Was da hinten eben noch wie ein Pfad aussieht, löst sich nach wenigen Metern im Nichts auf. Niedriges Gebüsch entpuppt sich als undurchdringlich. Es sind auch nicht normale Büsche, sondern fiese Beinzerkratzer.

Welche Erleichterung, wenn ich wieder auf den Weg treffe oder eine Straße oder einen Menschen oder eine Bergziege (allerdings nicht in Portugal)…

Zwei Tage, zwei Impulse. Ein Strand und ein Berg. Beide Momente zeigen: Entscheidungen kommen nicht immer aus dem Kopf, manchmal finden sie uns einfach unterwegs.

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