Reisfelder, Gewitterluft und Abkühlung – Fahrtage in Spanien

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Heute ist Montag und nun beginnen wieder die Fahrtage, was bedeutet, dass ich jeden Tag eine bestimmte Distanz hinter mich bringen und dennoch jeden Schlafplatz ein wenig kennenlernen möchte.

Gestern verbrachte ich einen ruhigen Vormittag dort am Strand im Urlaubsgebiet: Schreiben, Strandspaziergang, Schwimmen und Stranddusche, Frühstücken, Lesen und Ausruhen. Der Himmel war bewölkt, für ein weites Gebiet waren schwere Gewitter vorhergesagt. Gegen Mittag fuhr ich los. Einhundert Kilometer wollte ich fahren und hatte geschaut, was ich in dieser Entfernung erreichen könnte. Und das war ein kleiner, aus der Landfläche Spaniens herausragender Zipfel. Ich fuhr in den Parque Natural del Delta de l’Ebre.

Ich stellte den Bus ab und machte eine lange Radtour durch eine weitläufige Ebene. Links und rechts große Reisfelder, in denen mehr Wasservögel standen, als ich sonst zusammen gesehen hatte. Ich gelangte wieder in ein Schutzgebiet. Weil es wirklich sehr schwül war, sparte ich mir die Wanderung zu Fuß und radelte durch das Schutzgebiet bis zum Meer und anschließend wieder zurück zum Auto.

Nach knapp 30 Kilometern in Gewitterschwüle war ich komplett durch. Es war mittlerweile 17 Uhr und ich machte mich auf die Stellplatzsuche. Ich saß kaum im Auto, da brach ein herrliches Gewitter los. Ich fuhr weitere 100 km und steuerte dann den ersten Strand nach Tarragona an. Hier gab es viele Parkflächen, überall war aber das Übernachten verboten. Doch ich fand den Platz, wo die Camper standen, und war ganz zufrieden mit meinem Schlafplatz, bis ich durch nach mir kommende Leute eingeparkt wurde. Es ist immer wieder schön, ganz nahe am Wasser, am Strand zu schlafen.

Doch der Space, den man braucht, um zufrieden zu sein, wird kleiner. Niemand konnte hinter mir und an meiner Seitentür parken. Ich war also frei, meine Tür zu öffnen und an meiner Küche zu stehen – und das war ausreichend an diesem Tag! Ich saß dann in der offenen Bustür, machte einige Telefonate und genoss die Luft, die sich zum ersten Mal, seit ich in Spanien war, abgekühlt hatte! Es war dunkel geworden, während über dem Meer in weiter Ferne weiterhin die Blitze über den Himmel zuckten …

Am frühen Morgen sitze ich nun hier und merke, dass ich keine Lust habe, über die Reise zu schreiben. Meine Gedanken gehen voraus, hin zu dem, was in Leipzig auf mich wartet. Wenn ich auf Reisen bin, verschiebe ich natürlich viele Alltagsgeschäfte auf meine Rückkunft. Die rückt aber näher und damit eine geballte Ladung von Dingen, die erledigt werden wollen.

Bevor ich aufgebrochen bin, habe ich versucht, mir so viel Zeit wie möglich freizuschaufeln – inklusive zweier unbezahlter Urlaubstage –, damit ich insgesamt wenigstens vier Wochen hatte. Je näher ich indessen meinem Leipzig-Leben komme, desto deutlicher wird wieder, dass ich zwei bis drei Tage brauche, um anzukommen, die Reise nachwirken zu lassen und mich auf den Alltag einzustellen. Und es ist nicht etwa so, dass ich mich nicht darauf freuen würde, im Gegenteil! Doch die Fülle ist beunruhigend!

Mittlerweile bin ich routinierter im Ankommen, das sage ich mit einem kleinen Zwinkern! Es betrifft sowohl die praktischen Dinge wie das Auto auszuräumen und alles zu waschen als auch die seelischen Stimmungen, die sich einstellen werden, wenn ich begreife, die Reise ist zu Ende. Und es betrifft meine Wiedereingliederung in meine Familie: Einerseits ist sie super ohne mich klargekommen und hat ihre eigenen Alltagsroutinen und -abläufe entwickelt. Andererseits ist sie froh, dass ich zurück bin und „meine“ Aufgaben wieder übernehmen kann!

Nachdem ich dies geschrieben hatte, bin ich raus aus dem Auto und am Strand entlanggelaufen. Es war richtig kalt geworden in der Nacht. Der Morgen brach an und versprach einen schönen Sonnenaufgang. Inzwischen waren die 5 Schweizer Jungs aus den Dachzelten ihrer zwei Busse neben mir gekrochen, fluchend, weil ihnen so kalt war. Da ließen sie eben kurzerhand ihre zwei Autos laufen, damit sie warm wurden. Am Ende standen wir alle zusammen schweigend auf einem kleinen Mäuerchen am Strand, um die Sonne kommen zu sehen.

Um acht fuhr ich los, um Barcelona zu umrunden, und mir einen neuen Ort zu suchen.

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