Morgendämmerung am Strand und Weiterfahrt in Richtung Valencia
Nach meiner Wildschweinnacht ging ich vor Sonnenaufgang hinunter an den Strand, um eine Runde im Wasser zu drehen, und dann auf der Küstenstraße N-340 meinen Weg fortzusetzen.


Wieder wurden es schwüle 30 Grad. Ich beschloss, einzukaufen, Wasser zu besorgen und eine günstige Tankstelle zu finden, um anschließend eine größere Distanz in meinem klimatisierten Bus bis nach Valencia zurückzulegen. Zum einen kannte ich einzelne Orte an der Küste bereits, zum anderen fährt man hunderte Kilometer durch intensiv genutzte Agrarflächen, die sich abwechseln mit großen, sich am Meer ausbreitenden Städten.
Am späten Nachmittag visierte ich ein Tagesziel an, den Parque Natural de l’Albufera, kurz vor Valencia. Er besteht aus einem riesigen See, der weitläufig von Marschland umgeben wird, auf dem man Reis kultiviert. Man fährt 30 km über ebene Fläche mit gefühlten 50 Kreisverkehren. Der See wird durch eine Dünenlandschaft vom Meer abgetrennt. Insgesamt ist dies ein artenreiches geschütztes Feuchtgebiet. Außerhalb dieses Gebietes ist in Strandnähe jeder Meter bebaut. Es war nicht leicht, hier einen Platz für die Übernachtung zu finden.
Schlafen zwischen Verkehrslärm und spanischem Abendrhythmus
Ich stellte mich an das Ende einer Straße in einem Wohngebiet und erkundete die Gegend zu Fuß. Im viel zu warmen Meer ging ich schwimmen. Danach klebte die warme Salzbrühe an mir, sodass ich am Auto mit klarem Wasser alles abwaschen musste, um mich überhaupt wie ein Mensch zu fühlen. Ich merkte, dass ich von den Hitzetagen ziemlich erschöpft war, und wollte einfach nur schlafen gehen. Doch es war ja immer noch heiß.

Ich stand in einem bebauten Gebiet, zusätzlich aber an einer Straße, auf der man am Meer entlang nach Valencia fahren konnte. Warum das wichtig ist? Weil ich den spanischen Tagesrhythmus nicht bedacht hatte. Als ich gegen 17 Uhr ankam, war die Straße nur mäßig befahren. Zwei Stunden später war daraus ein durchgängiger Abendverkehr geworden. Doch ich sagte mir: Lkw-Fahrer schlafen auch an der Autobahn!
Links von mir also starker Verkehr und rechts, hinter einer Mauer, eine Veranda, auf der sich die Bewohner zum abendlichen, ausgiebigen und angeregten Schwatz trafen. Ich ließ im aufgeheizten Auto die Fenster und die Schiebetür offen, die halb durch den Fenstervorhang verdeckt war, steckte mir meine Ohrstöpsel in die Ohren und sank, begleitet von dieser intensiven Geräuschkulisse, in einen tiefen Schlaf. Erst um 6 Uhr erwachte ich am nächsten Morgen: sehr erholt.
Ja, auch das gibt es beim Reisen, dass ich an einem eigentlich völlig absurden Platz übernachten muss.
Der 20. September brach an und ich schnappte mir nach meinen morgendlichen Routinen mein Fahrrad, um den Naturpark zu erkunden. In den Dünen gab es lustige Ansichten: Schaute ich nach rechts, sah ich auf den Dünen, weil die Wasserfläche nicht zu sehen war, riesige Tanker „sitzen“: Containerschiffe, die in den Hafen von Valencia einlaufen wollten. Das konnte meine Handykamera aber nicht erfassen. Und schaute ich nach links, sah ich Hochhäuser, ohne die Zwischenbauten. (Dies ist nicht der große Lagunensee, sondern nur ein Teich in den Dünen.)

Gegen Mittag fuhr ich weiter. Ich nahm eine falsche Auffahrt, was mir insgesamt 50 Kilometer zusätzlich bescherte, denn die nächste Abfahrt gab es erst nach 20 Kilometern. Nach einem anfänglichen „Schiete, nein!“ stellte ich meine Musikbox auf die Armaturen, spielte mein Playlist mit maximaler Lautstärke – und fand mich damit ab!
Irgendwann suchte ich mir für einige Stunden einen Strand. Der Himmel war überwiegend bedeckt, doch hin und wieder kam die Sonne heraus und brachte es erneut auf schwüle 30 Grad. Ich machte mir Essen und eine Kanne Salbeitee mit Honig und Zitrone, weil mir das in großer Hitze guttut.
Stellplatzsuche im Feriengebiet
Anschließend weiter, noch einmal eine kleine Strecke Autobahn. Gegen 16 Uhr begann ich mit der Stellplatzsuche. Ich fuhr ab und landete in einem unglaublichen Urlaubsgebiet der Spanier: Appartementanlagen mit Swimmingpools, Ferienwohnungen und Hotels, durch deren Tor man nur mit PIN-Code eintreten konnte. Strände, über die man auf Holzstegen wandelte, „gepolsterte“ Fahrradwege und Verbotsschilder, soweit das Auge reichte: Hier keine Hunde, oder nur Hunde, hier nicht halten oder nicht parken, hier privat, hier nicht rein, hier nicht umdrehen, hier bitte nur nach rechts, hier nicht zelten, hier nicht ausziehen, hier keine Wohnmobile, auf keinen Fall Feuer machen!
Und egal in welcher Straße: Es begegneten mir überall halbnackte Menschen in Badekleidung, mit Handtüchern über dem Arm oder Badeliegen und Sonnenschirmen in der Hand. Und die Hundebesitzer hatten ihre Lieblinge natürlich trotzdem mit am Strand.
Es wurde auch nicht anders, als ich meine Fußrunde drehte, um ein besseres Gefühl für den Ort zu bekommen. Also nahm ich mein Fahrrad herunter und fuhr mehrere Kilometer am Strand entlang: Es musste doch ein Ende dieser Bebauung geben! Und das gab es auch. Die Ferienanlagen vereinzelten sich und ich sah die ersten Camper und Wohnmobile stehen, was eigentlich immer noch verboten war, doch anscheinend geduldet. Und so konnte auch ich einen Platz finden, einen wirklich schönen: Ein kleiner Wall aus großen Kieseln trennt mich vom Wasser und ich stehe ganz für mich.
Ja, auch so etwas gibt es beim Reisen, dass ich mehr als zwei Stunden nach einem Platz suchen muss. Aber das Allerschönste an diesem Tag war, nach einem letzten Schwimmen in der warmen Salzbrühe, eine saubere, klare, leicht chlorifizierte Stranddusche zu nehmen und mich endlich erfrischt zu fühlen.
Und hier bin ich aufgewacht, sitze nun und schreibe – und bin gespannt, was der Tag wohl bringen mag?


